Nancy Novak

Ausbildungsverhältnisse richtig beenden - Besonderheiten beachten!

Foto von Brendan Church auf unsplash.com
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In Kürze werden wieder viele – vor allem junge – Menschen mit einer Ausbildung starten. Im Rahmen von Ausbildungsverhältnissen haben Ausbilder diverse Besonderheiten zu beachten. Verläuft das Ausbildungsverhältnis beispielsweise nicht so, wie es sich Ausbilder und Auszubildender vorstellen, kann sich die Frage stellen, wie das begonnene Ausbildungsverhältnis vorzeitig wieder beendet werden kann.

Dabei gibt es neben speziellen Regelungen zu Form und Frist von Kündigungserklärungen auch Sondervorschriften, die im Zusammenhang mit Streitigkeiten über eine ausgesprochene Kündigung zu berücksichtigen sind. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit diesen Besonderheiten in Ausbildungsverhältnissen und weist auf verschiedene Fallstricke und Probleme hin.

1. Die Regelungen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG)

Im Rahmen von Ausbildungsverhältnissen sind die Regelungen im Berufsbildungsgesetz (BBiG) zu beachten. Dort werden neben den Bezeichnungen der Vertragsparteien auch deren Pflichten im Ausbildungsverhältnis konkret geregelt.

a) Die Bezeichnungen der Vertragsparteien

So werden in § 10 Abs. 1 BBiG die Bezeichnungen der Parteien im Ausbildungsverhältnis definiert: Im Gegensatz zu Arbeitsverhältnissen, in denen die Vertragsparteien als „Arbeitnehmer“ und „Arbeitgeber“ bezeichnet werden, spricht man im Ausbildungsverhältnis von Ausbilder (die Person, die eine andere Person zur Berufsausbildung einstellt) und Auszubildenden.

b) Die Pflichten von Ausbildern und Auszubildenden

In § 13 BBiG sind die Pflichten der Auszubildenden geregelt. Danach haben sich Auszubildende zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. Unter anderem haben sie die ihnen im Rahmen ihrer Berufsausbildung aufgetragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen (§ 13 S. 2 Ziffer 1 BBiG), an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen (§ 13 S. 2 Ziffer 2 BBiG), Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln (§ 13 S. 2 Ziffer 5 BBiG) und einen schriftlichen oder elektronischen Ausbildungsnachweis zu führen (§ 13 S. 2 Ziffer 7 BBiG).

§ 14 BBiG legt die Pflichten des Ausbilders fest. Danach haben Ausbilder den Auszubildenden beispielsweise die berufliche Handlungsfähigkeit zu vermitteln, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist (§ 14 Abs. 1 Ziffer 1 BBiG), dem Auszubildenden kostenlos die für die Ausbildung erforderlichen Ausbildungsmittel zur Verfügung zu stellen (14 Abs. 1 Ziffer 2 BBiG) und den Auszubildenden sowohl zum Besuch der Berufsschule als auch zum Führen des Ausbildungsnachweises anzuhalten und diesen regelmäßig durchzusehen (§ 14 Abs. 1 Ziffer 4, Abs. 2 BBiG).

c) Freistellung und Vergütung des Auszubildenden

Des Weiteren finden sich im BBiG Regelungen zur Freistellung der Auszubildenden für den Berufsschulunterricht (§ 15 BBiG) und zur (Mindest-)Vergütung (§ 17 ff. BBiG).

d) Die Probezeit

Im Rahmen von Arbeitsverhältnissen kann zwischen den Arbeitsvertragsparteien gemäß § 622 Abs. 3 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) eine Probezeit von maximal 6 Monaten vereinbart werden. Die Vereinbarung einer Probezeit ist insofern möglich, wenn die Vertragsparteien dies wünschen, aber keinesfalls zwingend.Anders ist dies bei Ausbildungsverhältnissen. Gemäß § 20 BBiG ist eine Probezeit zwingend.

Sie soll einerseits dem Ausbilder die Prüfung ermöglichen, ob der Auszubildende für den betreffenden Beruf geeignet ist und sich in das betriebliche Geschehen mit seinen Lernpflichten einordnen kann. Andererseits muss der Auszubildende prüfen können, ob der gewählte Beruf seinen Vorstellungen und Anlagen entspricht (vgl. BAG, Urteil vom 12.02.2015 – 6 AZR 831/13 - = NZA 2015, 737). Die Probezeit muss im Ausbildungsverhältnis mindestens einen Monat betragen, darf aber 4 Monate nicht überschreiten, vgl. § 20 BBiG. Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden, vgl. § 22 Abs. 1 BBiG.

2. Die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses

Eine Ausbildung endet üblicherweise mit dem Ablauf der vorgesehenen Ausbildungszeit, vgl. § 21 S. 1 BBiG. Dies im Übrigen auch dann, wenn die Abschlussprüfung, die der Auszubildende erfolgreich absolviert, ohne in der Zwischenzeit im Betrieb beschäftigt worden zu sein, erst nach Ablauf der regulären Ausbildungszeit stattfindet. In diesem Fall verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis nach dem BBiG weder von selbst noch auf Verlangen des Auszubildenden (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.2007 - 9 AZR 494/06 - = NZA 2007, 1391). Sofern eine Übernahme des Auszubildenden in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nicht gewünscht ist, ist zu empfehlen, dies vorab schriftlich mit dem Auszubildenden zu klären. Wird der Auszubildende mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers nach der Prüfung weiterbeschäftigt, entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Unabhängig davon finden sich aber auch in einigen Tarifverträgen Regelungen, die eine solche Erklärungsfrist mit einer bestimmten Frist zum Ausbildungsende vorsehen.

Besteht ein Auszubildender die Abschlussprüfung nicht, verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf sein Verlangen hin bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens aber um ein Jahr, vgl. § 21 Abs. 3 BBiG. Mit Zugang des Verlängerungsverlangens beim Ausbildenden verlängert sich das Ausbildungsverhältnis kraft Gesetzes unmittelbar (vgl. BAG, Urteil vom 15.03.2000 - 5 AZR 622/98 - = NZA 2001, 214).

Möglich ist es aber auch, dass das Ausbildungsverhältnis zuvor aufgrund des vorzeitigen Bestehens der Abschlussprüfung, eines Aufhebungsvertrages oder durch den Ausspruch einer Kündigung (sowohl durch den Ausbilder als auch durch den Auszubildenden) endet.

Soll ein Ausbildungsverhältnis durch Kündigung enden, ist es entscheidend, ob die Kündigung vor, während oder nach der Probezeit erfolgt.

a) Kündigung während der Probezeit

Stellen Ausbilder und/oder Auszubildender während der Probezeit fest, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniert, kann das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten vorzeitig, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, gekündigt werden, vgl. § 22 Abs. 1 BBiG.

b) Kündigung nach der Probezeit

Ist die Probezeit bereits abgelaufen, wird es für den Ausbilder wesentlich schwerer, sich von einem Auszubildenden zu trennen:

Gemäß § 22 Abs. 2 BBiG ist das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen. Eine Kündigung ist dann nur noch aus wichtigem Grund fristlos möglich. In Anlehnung an § 626 BGB setzt ein wichtiger Grund voraus, dass das Ausbildungsziel erheblich gefährdet und die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unzumutbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 12.02.2015 - 6 AZR 845/13 - = NZA 2015, 741; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.03.2017 - 5 Sa 251/16 - = BeckRS 2017, 106870). Zudem ist eine Frist von zwei Wochen zu beachten, konkret dürfen dem Ausbilder die der Kündigung zugrunde liegenden Tatsachsen nicht länger als zwei Wochen bekannt sein, vgl. § 22 Abs. IV BGB. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei dieser Zwei-Wochen-Frist um eine zwingende Ausschlussfrist handelt, die weder tariflich noch einzelvertraglich abbedungen werden kann.

Vor Ausspruch der Kündigung ist zu prüfen, ob ein außergerichtliches Güteverfahren einzuleiten ist, vgl. § 22 Abs. 4 S. 2 BBiG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei diesem außergerichtlichen Güteverfahren nicht um das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss gemäß § 111 Abs. 2 ArbG handelt (vgl. zum Schlichtungsausschuss Ziffer 2. i)). Ein außergerichtliches Güteverfahren kann im Ausbildungsvertrag oder einer kollektivrechtlichen Regelung vorgesehen sein. Regelungen im BBiG finden sich hierzu nicht. Das außergerichtliche Güteverfahren ist vor Ausspruch einer Kündigung einzuleiten. Ziel dieses Verfahrens ist es, die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zu verhindern. Die Einleitung eines außergerichtlichen Güteverfahrens gemäß § 22 Abs. 4 S. 1 BBiG führt zu einer Hemmung der Zwei-Wochen-Frist bis zu dessen Beendigung.

Eine Kündigung durch den Auszubildenden, ist zudem möglich, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Ausbildung entschieden hat. In diesem Fall kann er mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen kündigen, vgl. § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG. Diese besondere Kündigungsmöglichkeit besteht für den Auszubildenden allerdings dann nicht, wenn er denselben Beruf weiter erlernen und nur den Ausbildungsbetrieb wechseln will. Dann dürfte es sich um einen vorgeschobenen Kündigungsgrund handeln, der zu einer Schadenersatzpflicht des Auszubildenden gegenüber seinem vorherigen Ausbilder (§ 23 Abs. 1 BBiG) führen könnte. Sollte der Auszubildende lediglich den Ausbildungsbetrieb wechseln wollen – wofür es in der Praxis durchaus Gründe geben kann – sollte besser über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages nachgedacht werden (siehe hierzu Ziffer 2. e)).

Für beide Parteien gilt die Regelung des § 22 Abs. 3 BBiG, nach der die Kündigung schriftlich (vgl. § 126 BGB) unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen muss. Eine Kündigung, die nicht den Vorgaben des § 22 Abs. 3 BBiG entspricht, ist gemäß § 125 BGB nichtig und beendet das Ausbildungsverhältnis nicht. Eine nachträgliche Mitteilung der Kündigungsgründe kann den Mangel nicht heilen. Zudem können in einem etwaigen Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kündigung nur die Gründe berücksichtigt werden, die im Kündigungsschreiben vom Ausbilder angeführt worden sind. Ein Nachschieben von Gründen im Prozess ist in der Regel unzulässig. Erläuterungen und Ergänzungen zu bereits im Kündigungsschreiben mitgeteilten Kündigungsgründen können jedoch zulässig sein (APS/Biebl, Kündigungsrecht, § 22 BBiG Rn. 27). Die Kündigungsgründe müssen konkret und so eindeutig beschrieben werden, dass im Prozess nicht ernsthaft streitig werden kann, auf welchen Lebenssachverhalt die Kündigung gestützt war (vgl. BAG, Urteil vom 10.02.1999 - 2 AZR 176/98 - = NZA 1999, 602; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.03.2017 - 5 Sa 251/16 - = BeckRS 2017, 106870). Insofern genügt die bloße Bezugnahme auf die Verletzung einer im Ausbildungsvertrag vereinbarten Pflicht ohne Benennung des zugrunde liegenden Sachverhalts nicht (vgl. LAG Köln, Urteil vom 18.02.2004 - 3 Sa 1392/03 - = BeckRS 2004, 41339). Allgemeine Behauptungen wie „erhebliche Fehlzeiten in der Berufsschule“ oder „mangelndes Benehmen“ reichen insofern nicht.

Kündigt der Auszubildende sein Ausbildungsverhältnis gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG genügt insofern die Angabe, er wolle seine Berufsausbildung aufgeben (vgl. BAG, Urteil vom 22.02.2018 - 6 AZR 50/17 - = NZA 2018, 575).

Diese Begründungspflicht bereits im Kündigungsschreiben stellt einen entscheidenden Unterschied zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen dar, bei denen es für die Wirksamkeit einer Kündigung gerade nicht auf die Angabe von Kündigungsgründen im Kündigungsschreiben ankommt. Im Gegenteil ist es bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen aus Arbeitgebersicht in den meisten Fällen angeraten, keine Gründe für die Kündigung im Kündigungsschreiben anzugeben, da sich der Arbeitgeber daran in einem gerichtlichen Verfahren in der Regel festhalten lassen müsste.

c) Kündigung vor Ausbildungsbeginn

Zu einer Kündigung des Ausbildungsverhältnisses vor Ausbildungsbeginn finden sich im BBiG keine Regelungen. Grundsätzlich kann das Ausbildungsverhältnis vor Beginn der Berufsausbildung gekündigt werden, wenn die Parteien keine abweichende Regelung vereinbart haben und sich der Ausschluss der Kündigung vor Beginn der Ausbildung auch nicht aus den konkreten Umständen ergibt (vgl. BAG, Urteil vom 17.09.1987 - 2 AZR 654/86 - = NZA 1988, 735). Soll die Möglichkeit der Kündigung vor Beginn der Ausbildung bestehen, sollte dies insofern entsprechend vereinbart werden.

d) Mitbestimmungsrechte

Auch im Falle der Kündigung eines Auszubildenden sind etwaige Mitbestimmungsrechte, beispielsweise des Betriebsrates nach § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG zu beachten.

e) Auszubildender ist minderjährig

Oftmals handelt es sich bei den Auszubildenden um Minderjährige. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Rechtswirksamkeit einer Kündigungserklärung die volle Geschäftsfähigkeit sowohl des Kündigungserklärenden als auch des Kündigungsempfängers voraussetzt.

e1) Kündigung durch den Auszubildenden

Grundsätzlich sind die gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Auszubildenden berechtigt, dessen Berufsausbildungsverhältnis zu kündigen. Will ein minderjähriger Auszubildender eine Kündigung erklären, bedarf dies der Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter. Erfolgt die Kündigungserklärung ohne Einwilligung der gesetzlichen Vertreter, ist sie unwirksam, vgl. §§ 106, 111 BGB. Liegt die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter bei der Kündigung nicht in schriftlicher Form vor, kann der Ausbildende die Kündigung des Auszubildenden zurückweisen, vgl. § 111 S. 2 BGB. Zu beachten ist, dass § 113 BGB auf das Berufsausbildungsverhältnis keine Anwendung findet, da in einem solchen die Ausbildung vordergründig ist und eben nicht die Leistung von Arbeit (ErfK/Preis, § 113 BGB Rn. 6).

e2) Kündigung durch den Ausbildenden

Die Kündigung durch den Ausbilder muss, im Falle der Minderjährigkeit, an die gesetzlichen Vertreter des Auszubildenden gerichtet werden und diesen zugehen, vgl. § 131 Abs. 2 S. 1 BGB. In der Praxis stellt sich oftmals die Frage der korrekten Adressierung des Kündigungsschreibens. Wird es an den Auszubildenden, gesetzlich vertreten durch seine Eltern, adressiert, lässt dies den Willen des Ausbildenden, dass das Kündigungsschreiben die Eltern des Minderjährigen als dessen gesetzliche Vertreter erreichen soll, noch hinreichend erkennen. Allerdings trägt bei einer solchen Adressierung der Ausbildende das Risiko, dass bei postalischer Übermittlung die Zusteller ein solches Schreiben in einen eventuell vorhandenen eigenen Briefkasten des Minderjährigen einwerfen (vgl. BAG, Urteil vom 08.12.2011 - 6 AZR 354/10 - = NZA 2012, 495). Um dieses Risiko zu vermeiden, sollte das Kündigungsschreiben, im Falle der gesetzlichen Vertretung durch die Eltern, an diese adressiert werden.

f) Beendigung durch Aufhebungsvertrag

Ausbilder und Auszubildender können das Ausbildungsverhältnis auch durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages beenden. Dies hat den Vorteil, dass sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Ausbildungsverhältnis geregelt und damit späteren Streitigkeiten vorgebeugt werden kann. Mit Blick auf eine mögliche Schadensersatzpflicht bei vorzeitiger Beendigung nach der Probezeit gemäß § 23 BBiG (siehe nachfolgende Ziffer) sollte im Aufhebungsvertrag eine Regelung aufgenommen werden, nach der keine gegenseitigen Schadensersatzansprüche bestehen. Bezüglich einer etwaigen Minderjährigkeit des Auszubildenden wird auf die Ausführungen unter Ziffer 2. c) verwiesen.

g) Schadensersatzpflicht gemäß § 23 BBiG

Gemäß § 23 BBiG können sowohl der Auszubildende als auch der Ausbilder innerhalb von drei Monaten nach der vorzeitigen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nach der Probezeit Schadensersatz verlangen, wenn der jeweils andere für die Auflösung verantwortlich ist. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Auszubildende das Ausbildungsverhältnis gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG beendet, weil er die Berufsausbildung aufgeben will oder sich für eine andere Ausbildung entschieden hat.

h) Sonderkündigungsschutz

Die Regelungen zum Sonderkündigungsschutz, wie beispielsweise nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG), dem Bundeselterngeld- und ElternzeitG (BEEG) und dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch für schwerbehinderte Menschen, gelten auch für Auszubildende.

i) Schlichtungsausschuss

Geht es um die Kündigung von Ausbildungsverhältnissen ist § 111 Abs. 2 ArbGG zu beachten.

i1) Bildung von Schlichtungsausschüssen

Danach können sogenannte Schlichtungsausschüsse zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden gebildet werden. Für den Bereich des Handwerks sind die Handwerksinnungen, im Übrigen die zuständigen Stellen im Sinne des BBiG zuständig. Soweit ein derartiger Schlichtungsausschuss besteht, geht das Schlichtungsverfahren einer arbeitsgerichtlichen Klage stets vor. Die Anrufung des Schlichtungsausschusses steht nicht zur Disposition der Parteien. Erkennen die Vertragsparteien den Spruch der Schlichtungsstelle nicht innerhalb einer Woche an, muss binnen zwei Wochen Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden, vgl. § 111 Abs. 2 S. 3 ArbGG.

Grundsätzlich ist eine vor der Anrufung des Schlichtungsausschusses eingereichte Klage unzulässig. Sie wird allerdings nachträglich zulässig, wenn das nach Klageerhebung eingeleitete Schlichtungsverfahren beendet und der Spruch nicht anerkannt wurde (vgl. BAG, Urteil vom 22.01.2008 - 9 AZR 999/06 – = NJW 2008, 1833; Germelmann/Prütting, § 111 ArbGG Rn. 19), so dass in der Praxis an dieser Stelle eher selten Probleme auftreten dürften.

i2) Kein Schlichtungsausschuss gebildet

Ist kein Schlichtungsausschuss gebildet, finden die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes über die fristgebundene Klageerhebung auch auf außerordentliche Kündigungen von Berufsausbildungsverhältnissen Anwendung, vgl. §§ 13 Abs. 1 S. 2, 4 S. 1 KSchG. Dem steht es gleich, wenn ein gebildeter Schlichtungsausschuss die Durchführung des Schlichtungsverfahren ablehnt (Germelmann/Prütting, § 111 ArbGG Rn. 21).

Das bedeutet, dass der Auszubildende gegen die ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben muss. Tut er dies und lässt die dreiwöchige Klagefrist verstreichen, greift die gesetzliche Fiktion des § 7 KSchG: Die Kündigung wird als von Anfang an wirksam angesehen und beendet das Ausbildungsverhältnis entsprechend.

i3) Unklarheiten bezüglich der Bildung eines Schlichtungsausschusses

Ist es unklar, ob ein Schlichtungsausschuss gemäß § 111 Abs. 2 ArbGG besteht oder reagiert dieser nicht, sollte der Auszubildende vorsorglich – um zu vermeiden, das Fristen versäumt werden – innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben.

j) Ausbildungszeugnis

Besonderheiten im Ausbildungsverhältnis sind auch bei der Erstellung von Ausbildungszeugnissen zu beachten. Hier gilt § 16 BBiG. Nach dieser Regelung müssen Ausbildende den Auszubildenden bei der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses mindestens ein einfaches schriftliches Zeugnis ausstellen. Im Gegensatz zu „normalen“ Arbeitsverhältnisses kommt es für die Zeugniserteilung an sich also nicht auf ein Verlangen des Auszubildenden an. Lediglich ein qualifiziertes Zeugnis muss der Auszubildende verlangen.

Schriftlich bedeutet Schriftform im Sinne des § 126 Abs. 1 BGB, das Zeugnis muss insofern eigenhändig unterzeichnet und dem Auszubildenden im Original ausgehändigt werden. Die Übersendung in elektronischer Form ist nicht ausreichend.

3. Fazit

Insgesamt gibt es – wie die obigen Ausführungen zeigen – diverse Besonderheiten, die im Zusammenhang mit Berufsausbildungsverhältnissen zu beachten sind. Neben besonderen Form- und Fristvorschriften für den Ausspruch einer Kündigung sollte auch immer geprüft werden, ob, mit Blick auf eine etwaige Minderjährigkeit des Auszubildenden, eine Zustellung von Erklärungen an die gesetzlichen Vertreter zu erfolgen hat. Im Übrigen sollte bei den zuständigen Stellen (z. B. den Handwerkskammern) in Erfahrung gebracht werden, ob ein außergerichtliches Güteverfahren oder einer Kündigungsschutzklage vorgeschaltetes Schlichtungsverfahren einzuhalten ist.

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